1 Korinther 1,1-2a

Einführung

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1Kor
Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel Christi Jesu, und der Bruder Sosthenes an die Kirche Gottes, die in Korinth ist. (1Kor 1,1-2a)

Der erste und zweite Korintherbrief sind Teil einer umfangreichen Korrespondenz, die Paulus mit der Gemeinde dieser Stadt führte. Korinth war damals eine bedeutende Handelsstadt. An der Meerenge zwischen dem griechischen Festland und der Halbinsel Peloponnes gelegen, hatte sie Zugang sowohl zur Ägäis im Osten als auch zum Ionischen Meer im Westen und verfügte über zwei Häfen. Das alte Korinth war von den Römern im Jahr 146 v.Chr. dem Erdboden gleich gemacht worden. Erst im Jahr 27 v.Chr. erfolgte unter Julius Caesar die Neugründung der Stadt als römische Kolonie.
Die Bevölkerung der Stadt bestand zu einem großen Teil aus römischen Veteranen. Der blühende Handel zog aber Menschen aus allen Teilen des Reiches an, so dass wir von einer bunt gemischten Bevölkerung ausgehen müssen, in der neben dem römischen Götterkult auch eine Vielzahl orientalischer Kulte gepflegt wurde. Ebenso gab es in der Stadt eine große jüdische Gemeinde, die in Folge des Judenedikts des Kaiser Claudius, durch welches um das Jahr 49 alle Juden aus Rom ausgewiesen wurden, noch weiter gewachsen ist.
Die Apostelgeschichte (Apg 18) berichtet davon, dass Paulus die christliche Gemeinde von Korinth auf seiner zweiten Missionsreise gegründet hat. Nachdem er den ersten Schritt von Asien nach Europa gemacht hat, wandert er über Philippi, Thessalonich und Athen nach Korinth. Von dort fährt er mit dem Schiff zurück nach Ephesus in Kleinasien. In Korinth begegnet Paulus den jüdischen Eheleuten Priszilla und Aquila, die nach ihrer Ausweisung aus Rom in Korinth eine neue Bleibe gefunden haben. Sie üben ebenso wie Paulus das Handwerk eines Zelttuchmachers aus, nehmen Paulus in ihr Haus auf und werden zu wichtigen Mitarbeitern, die Paulus auch in seinen Briefen erwähnt.
Paulus bleibt verhältnismäßig lange in Korinth, wohl etwa anderthalb Jahre. Dieser Aufenthalt ist in die Zeit zwischen den Jahren 49 und 52 zu datieren. Bald wird die Wohnung von Priszilla und Aquila zu klein für die Versammlungen der stetig wachsenden Gemeinde. Paulus zieht daher in das Haus des Titus Justus um, der wahrscheinlich ein vornehmer Römer war, der als Gottesfürchtiger dem Judentum nahe stand. Die kulturelle, religiöse und soziale Vielfalt der Stadt spiegelt sich auch in der christlichen Gemeinde wider. Neben ehemaligen Heiden gab es auch Judenchristen. Ein großer Teil der Gemeinde gehörte den sozial niedrigen Schichten an, es gab aber auch eine gewisse Anzahl von Angehörigen der Oberschicht.
Diese inhomogene Zusammensetzung der Gemeinde führt zu zahlreichen Spannungen, die in den Briefen des Paulus ihren Niederschlag finden. Nach dem Weggang des Paulus ist es zu Spaltungen gekommen. Es gab verschiedene Gruppierungen. Die einen sahen sich als Anhänger des Paulus, andere als Anhänger des Apollos, eines weiteren christlichen Missionars. Zudem kam es zu sittlichen Verfehlungen, die Paulus aufs schärfste verurteilt. Es gab zudem Mitglieder, die das soziale Ungleichgewicht in der Gemeinde auch im Gottesdienst sichtbar werden ließen, indem sie sozial niedriger gestellten Gemeindemitgliedern einen untergeordneten Platz zuwiesen. Sind die Worte des Paulus im Ersten Korintherbrief noch gemäßigt, so wird sein Ton im zweiten Brief schärfer, da sich die Missstände wohl eher ausgeweitet als gemindert haben. Zudem scheint sich die Opposition gegen Paulus verstärkt zu haben.
Neben der Kritik von Missständen, die Paulus durch Leute aus der Gemeinde zu Ohren gekommen sind, nimmt Paulus im Ersten Korintherbrief auch Bezug auf Anfragen aus der Gemeinde, die ihm übersandt wurden. Diese betreffen hauptsächlich die im Brief behandelten Themen Ehe und Ehelosigkeit, Jungfrauen, Essen von Götzenopferfleisch, Geistesgaben, die Kollekte für Jerusalem und den Missionar Apollos. Entstanden ist der der Erste Korintherbrief wahrscheinlich im Jahr 54 in Ephesus.
Wie in anderen Briefen weist Paulus auch hier auf seine Berufung als Apostel durch Jesus Christus hin und unterstreicht damit seine Vollmacht. Seinen Mitarbeiter Sosthenes stellt er als Bruder an seine Seite. Wenn er die Gemeinde aber "Kirche Gottes" nennt, so bedeutet dies sowohl einen Ehrentitel, als auch die Mahnung, dieser Ehre gerecht zu werden, indem die Gemeinde ihre Spaltungen überwindet und zur Einigkeit zurückfindet.

"An die Kirche Gottes", nicht die Kirche dieses oder jenes Menschen, sondern Gottes. Kirche Gottes aber nennt er sie, um anzuzeigen, dass sie einig sein müsse. Denn ist sie Gottes Kirche, so ist sie einig und eins nicht nur zu Korinth, sondern auf dem ganzen Erdkreis. Denn der Name Kirche bezeichnet nicht Spaltung, sondern Einigung und Übereinstimmung. (Johannes Chrysostomus)