Amos 6,1-14

Gegen die Reichen

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Heilige Schrift
Weh den Sorglosen auf dem Zion und den Selbstsicheren auf dem Berg von Samaria, den Vornehmen des Ersten unter den Völkern, zu denen das Haus Israel kommt! Zieht hinüber nach Kalne und seht! Geht von da nach Hamat-Rabba und steigt hinunter nach Gat, ins Land der Philister! Seid ihr besser als diese Reiche? Ist ihr Gebiet größer als euer Gebiet?
Ihr, die ihr den Tag des Unheils hinausschieben wollt, führt die Herrschaft der Gewalt herbei. Ihr liegt auf Betten aus Elfenbein und faulenzt auf euren Polstern. Zum Essen holt ihr euch Lämmer aus der Herde und Mastkälber aus dem Stall. Ihr grölt zum Klang der Harfe, ihr wollt Musikinstrumente erfinden wie David. Ihr trinkt den Wein aus Opferschalen, ihr salbt euch mit feinsten Ölen, aber über den Untergang Josefs sorgt ihr euch nicht. Darum müssen sie jetzt in die Verbannung, allen Verbannten voran. Das Fest der Faulenzer ist vorbei. (Am 6,1-7)

Trinken und Schmausen, dass sich die Tische biegen. Anschaulich schildert der Prophet Amos hier das Treiben der Oberschicht von Samaria. Dabei geht es nicht um eine Kritik des fröhlichen Feierns an sich. Der Prophet Amos kritisiert vielmehr die Ungerechtigkeit, die daraus resultiert, dass Menschen nur für sich Reichtümer anhäufen und nicht bereit sind, mit anderen zu teilen. Genau an diesem Punkt sind wir in unserer Gesellschaft auch heute wieder angekommen, und daher sind diese Worte, obwohl sie aus ferner Zeit stammen (der Prophet Amos lebte etwa vor 2750 Jahren), heute genau so aktuell wie damals.

Nicht jede Armut ist heilig, und nicht jeder Reichtum verbrecherisch. Luxus und Verschwendung aber machen den Reichtum verwerflich, ebenso wie Heiligkeit die Armut adelt. (Johannes Chrysostomus)

Es geht hier um die Gier, für sich möglichst viel herauszuholen, ohne Rücksicht auf andere. Das totale Streben nach absolutem Profit ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit und Folgeschäden. Wir erleben das heute wieder katastrophal in unserem allein auf Wachstum ausgelegten Wirtschaftssystem. Die Zahlen müssen stimmen, egal, ob dabei anderen Menschen, den entlassenen Arbeitnehmern hier oder den Armen in fernen Ländern, ihre Existenzgrundlage geraubt wird. Menschen werden von ihrem Land vertrieben, müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten und verdienen nicht einmal das zum Leben notwendige.
In diesen Kreislauf der Ungerechtigkeit sind wir alle verstrickt. Unsere Kleidung, unsere Nahrung, unsere technischen Geräte, es gibt kaum etwas, das ohne soziale Ungerechtigkeit produziert wird. Denken wir daran, dass unsere von der Werbung angetriebene Schnäppchenjagd und der Wunsch, immer mehr immer billiger zu kaufen nur zu Lasten anderer Menschen gehen kann?
Bei uns heute sind es nicht die Tische, die sich unter den feinen Speisen biegen, die Symbol für unseren Reichtum sind. Vielleicht kennen sie den modernen Begriff des ökologischen Fußabdrucks, der anzeigt, wie stark wir die Erde zertrampeln und anderen den Platz zum Leben rauben. Da hilft es nicht viel, wenn wir nur das eine oder andere Produkt bio oder fair kaufen oder einige Euro spenden. Als Christen müssen wir anfangen, uns radikal gegen das sich immer stärker etablierende System globaler Ausbeutung zu stellen. Der Prophet Amos stellt uns klar vor Augen was geschieht, wenn wir hier unserer Verantwortung nicht gerecht werden.
Und dann das markante Wort des Propheten: "Das Fest der Faulenzer ist vorbei." Das Schmausen währt nicht ewig. In ihrer Sorglosigkeit und Verweichlichung haben die Menschen übersehen, worauf es ankommt. Andere erheben nun Anspruch auf ihre Reichtümer, sie aber werden aus ihren Häusern vertrieben und sind dem Untergang geweiht.

Gott, der Herr, hat bei sich selbst geschworen - Spruch des Herrn, des Gottes der Heerscharen: Ich verabscheue den Stolz Jakobs und seine Paläste hasse ich; die Stadt und alles, was in ihr ist, gebe ich preis. Wenn dann in einem einzigen Haus noch zehn Menschen übrig sind, müssen auch sie sterben. Und hebt ein Verwandter oder der Leichenbestatter einen Toten auf, um die Gebeine aus dem Haus zu schaffen, und fragt er den, der im hintersten Winkel des Hauses sitzt: Ist noch jemand bei dir?, dann antwortet dieser: Nein! und sagt: Still! Sprich ja nicht den Namen des Herrn aus! Denn siehe, der Herr befiehlt und man schlägt das große Haus in Trümmer und das kleine in Stücke.
Rennen denn Pferde über die Felsen oder pflügt man mit Ochsen das Meer? Ihr aber habt das Recht in Gift verwandelt und die Frucht der Gerechtigkeit in bitteren Wermut. Ihr jubelt über Lo-Dabar und sagt: Haben wir nicht aus eigener Kraft Karnajim erobert? Fürwahr, seht: Ich werde gegen euch, Haus Israel, Spruch des Herrn, des Gottes der Heerscharen, ein Volk erstehen lassen, das euch bedrängen wird von Lebo-Hamat bis zum Bach der Araba. (Am 6,8-14)